1、Schneeweichen SchneewittchenEs war einmal eine Knigin, die hatte keine Kinder. Aber sie wnschte sich eines, weil sie so einsam war. Eines Tages sa sie an einer Stickerei und betrachtete tief in Gedanken den Rahmen aus schwarzem Ebenholz. Sie sa am offenen Fenster und drauen fielen dicke weie Schneef
2、locken vom Himmel. Da stach sich die Knigin in den Finger und drei kleine Blutstropfen fielen in den weien Schnee. “Ach“, seufzte die Knigin, “htte ich doch nur ein Kind, so rot wie Blut, so wei wie Schnee und so schwarz wie Ebenholz!“Es verging fast ein ganzes Jahr, da bekam die Knigin doch noch ei
3、n Kind, ein Mdchen. Das hatte eine Haut so wei wie Schnee, seine Wangen blhten so rot wie Blut, und seine Haare waren so schwarz wie Ebenholz. Die Knigin freute sich sehr und nannte das Kind Schneeweichen. Doch die Gesundheit der Knigin hatte bei der Geburt gelitten, und sie starb auch bald darauf.D
4、er Knig war nun Witwer, wollte es aber nicht bleiben. Also nahm er sich eine neue Gemahlin, eine edle Frau von hoher Geburt, schn anzuschauen. Aber sie war auch mit bermigem Stolz und groer Eitelkeit behaftet. Und sie glaubte, sie sei die schnste aller Frauen, denn das hatte ihr ein Zauberspiegel ei
5、ngeflstert. Jeden Tag fragte sie den Spiegel aufs Neue:“Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die Schnste im ganzen Land?“Und der Spiegel antwortete:“Ihr, Frau Knigin seid die Schnste im ganzen Land.“Das kleine Schneeweichen wuchs nun in der Obhut ihrer kniglichen Stiefmutter heran, und wurde die
6、 schnste Prinzessin weit und breit. Am Hofe flsterten sich die Diener schon zu, dass sie die Knigin bald an Schnheit bertreffen werde. Als das Schneeweichen dann sieben Jahre alt war, fragte die Knigin wieder einmal ihren Zauberspiegel:“Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die Schnste im ganzen
7、Land?“Da antwortete der Spiegel:“Frau Knigin, Ihr seid die Schnste hier,aber Schneeweichen ist tausend Mal schner als Ihr.“Darber erschrak die Knigin fast zu Tode, und es war ihr so, als schnre ihr jemand die Kehle zu. In ihrem Herzen flammte ein groer Hass auf, der sich gegen das unschuldige Schnee
8、weichen richtete. Und weil sie ihr bses, neidisches Herz weder Tag noch Nacht in Ruhe lie, rief sie den Jger zu sich und sprach: “Du sollst Schneeweichen in den dichten Wald fhren, und sie tten. Bringe mir Lunge und Leber zum Zeichen, dass die Tat vollbracht ist!“Da musste das arme Schneeweichen dem
9、 Jger in den wilden Wald folgen. Tief im Dickicht zog der Jger seinen Hirschfnger aus dem Grtel und schickte sich an, das Kind zu durchstoen. Schneeweichen weinte aber herzergreifend und flehte um ihr Leben. Die Trnen des unschuldigen Kindes rhrten den Jger bis in seine Seele, und er dachte: “Warum
10、soll ich mein Gewissen beladen und dieses schne, unschuldige Kind ermorden? Nein, ich will es lieber laufen lassen! Treffen es die wilden Tiere, wie sie es wohl tun werden, so mag das die Frau Knigin vor Gott verantworten.“Und da lie er Schneeweichen gehen, fing ein junges Wild, weidete es aus und b
11、rachte Lunge und Leber der bsen Knigin. Sie nahm beides, briet es in Salz und Schmalz, und a es mit Entzcken. Nun war sie wieder alleine die Schnste im ganzen Lande.Schneeweichen wurde es im Walde bald Angst und Bange, als sie so verlassen durch das Dickicht schritt. Zum ersten Male sprte sie harte,
12、 spitze Steine unter den Fen, und Dornen rissen an ihrem Kleidchen. Aber die wilden Tiere krmmten ihr kein Haar. Sie sahen Schneeweichen an und verschwanden in die Bschen. So wanderte Schneeweichen den ganzen Tag durch den dunklen Wald und ging dabei ber sieben Berge.Am Abend fand sie dann ein klein
13、es Huschen. Da ging sie hinein, denn Schneeweichen war sehr mde und hatte Hunger und Durst. In dem Huschen war alles ganz zierlich und sauber zugerichtet. Ein kleines Tischlein stand in der Stube, mit einer schneeweien Tischdecke. Darauf standen sieben Tellerchen, jeder mit ein wenig Gemse und Brot.
14、 Auch waren da sieben Lffelchen, sieben Messerchen und Gbelchen und sieben Becherchen. Und an der Stubenwand, wie sollte es anders sein, standen sieben kleine Bettchen, alle bltenwei berzogen.Schneeweichen a nun von den sieben Tellerchen, aber nur ein wenig von jedem, und sie trank aus jedem Becherc
15、hen. Dann legte sie sich in eines der sieben Bettchen, aber es war zu klein. Also probierte Schneeweichen auch die anderen Bettchen. Keines wollte so recht passen, bis auf das siebente. Hier schlpfte sie nun hinein, deckte sich zu, betete zu Gott und schlief ein.Es war schon tiefe Nacht, als die Hau
16、sherren mde von der Arbeit ins Huschen traten. Das waren sieben zwergenhafte Bergmnner, jeder mit einem brennenden Grubenlicht vorne am Grtel. Sie sahen auf den ersten Blick, dass jemand im Huschen gewesen war.Der Erste fing an zu fragen: “Wer hat auf meinem Sthlchen gesessen?“Der Zweite fragte: “We
17、r hat von meinem Tellerchen gegessen?“Der Dritte fragte.“ Wer hat von meinem Brot gebrochen?“Der Vierte: “Wer hat an meinem Gemse geleckt?“Der Fnfte: “Wer hat mit meinem Messerchen geschnitten?“Der Sechste: “Wer hat mit meinem Gbelchen gestochen?“Und der Siebente fragte. “Wer hat aus meinem Becherch
18、en getrunken?“Nun schauten sich die Zwerge weiter um und sahen, dass etwas mit ihren Bettchen nicht stimmte. Da fragten sie alle zugleich: “Wer hat in unseren Bettchen geschlafen?“ Nur der siebte Zwerg stand mit offenem Munde da, als htte es ihm die Sprache verschlagen. Doch dann rief er laut: “Wer
19、liegt da in meinem Bettchen?“Die Zwerge leuchteten mit ihrem Grubenlampen alle hin und sahen mit Staunen, dass ein schnes Mdchen im Bettchen lag. Leise hielten sie Rat und beschlossen, das Kind nicht zu stren. Der siebte Zwerg aber machte sich sein Lager auf dem Fuboden neben dem warmen Kamin.Da nun
20、 der Morgen mit seinen frhen Strahlen in das kleine Huschen schien, wachte Schneeweichen auf und erschrak beim Anblick der Zwerge. Die waren aber gut und freundlich zu ihr und sagten, sie solle sich nicht frchten. Auch fragten sie nach ihrem Namen und ihrer Herkunft. Da erzhlte Schneeweichen, wie es
21、 ihr ergangen war. Darauf sagte der lteste von den Zwergen: “Du kannst bei uns bleiben, Schneeweichen, wenn du uns unseren Haushalt fhrst, unser Essen kochst, unsere Bettchen machst, unsere Wsche wschst, und wenn du alles hbsch sauber hltst.“ Das war Schneeweichen recht.Die Zwerge taten am Tage also
22、 wieder ihre Arbeit in den Bergen, tief unter der Erde, wo sie Gold und Edelsteine suchten. Am Abend kamen sie dann heim, erfreuten sich an dem guten Mahl, schwatzten noch ein wenig und legten sich dann in ihre sieben Bettchen.Inzwischen war die bse Knigin wieder hochmtig geworden, so wie frher. Den
23、n sie glaubte immer noch, dass sie die Schnste sei. Sie war sich so sicher, dass sie eines Tages auch wieder vor ihren Zauberspiegel trat und fragte:“Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die Schnste im ganzen Land?“Da antworte der Spiegel:“Frau Knigin! Ihr seid die Schnste hier,aber Schneeweiche
24、n ber den sieben Bergen,bei den sieben guten Zwergen,ist noch tausend Mal schner als Ihr.“Das traf die Knigin wie ein Dolchstich mitten ins Herz. Tag und Nacht berlegte sie, wie sie Schneeweichen das Lichtlein aushauchen konnte. Die Knigin verstellte schlielich ihr Gesicht, zog alte lumpige Kleider
25、an, nahm allerhand Kram mit und ging ber die sieben Berge. Dort fand sie das kleine Huschen der Zwerge, wo auch Schneeweichen nun lebte.Die Knigin klopfte an die Tre und rief: “Holla! Holla! Kauft schne Waren!“ Die Zwerge hatten aber Schneeweichen gesagt, sie solle sich vor fremden Leuten in Acht ne
26、hmen. Doch als Schneeweichen die schnen Waren sah, da dachte sie an nichts Bses und lie die Krmerfrau herein. Schneeweichen fand unter den vielen schnen Dingen auch eine Halsschnur, und die Frau wollte ihr zeigen, wie man diese nach neuster Mode um den Hals schnrt. Kaum war die Schnur um den Hals ge
27、legt, da zog die Frau sie so fest zu, dass Schneeweichen der Atem stockte und sie totengleich niedersank. “Da hast du den Lohn fr deine bergroe Schnheit!“, rief die bse Knigin und machte sich davon.Bald darauf kamen die sieben Zwerge nach Hause und fanden ihr liebes Schneeweichen tot am Boden liegen
28、. Geschwind schnitten sie die Schnur entzwei und trufelten einige Tropfen von ihrer Goldtinktur auf Schneeweichens blasse Lippen. Da begann sie leise zu atmen und wurde allmhlich wieder lebendig. Dann erzhlte sie, wie die Krmerfrau ihr den Hals zugeschnrt hatte, und die Zwerge riefen: “Das war kein
29、anderes Weib als die bse Knigin! Hte dich und lass keine Seele in das kleine Huschen, wenn wir nicht da sind.“Die Knigin trat, als sie von ihrem schlimmen Gange nach Hause kam, gleich wieder vor ihren Spiegel und fragte:“Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die Schnste im ganzen Land?“Und der Sp
30、iegel antwortete:“Frau Knigin! Ihr seid die Schnste hier,aber Schneeweichen ber den sieben Bergen,bei den sieben guten Zwergen,ist noch tausend Mal schner als Ihr.“Da schwoll der Knigin das Herz vor Zorn wie einer Krte der Bauch. Und sie sann wieder Tag und Nacht auf Schneeweichens Verderben. Die Kn
31、igin verstellte wieder ihr Gesicht und zog fremdlndische Kleidung an. Dann machte sie noch einen vergifteten Kamm, bevor sie ber die sieben Berge ging. Kaum war die verkleidete Knigin am Zwergenhuschen angelangt, klopfte sie auch schon an die Tre und rief: “Holla! Holla! Kauft schne Waren! Holla!“ S
32、chneeweichen sah zum Fenster hinaus und sagte: “Ich darf niemand hereinlassen!“ Das Krmerweib aber rief: “Schade um die schnen Kmme!“ Dabei zeigte sie den giftigen Kamm, der ganz golden blitzte. Da wnschte sich Schneeweichen von Herzen einen goldenen Kamm, dachte nichts Arges und ffnete die Tre.Die
33、Krmerfrau kam herein und sagte: “Mein liebes Kind, nun will ich dir auch zeigen, wie der Kamm durchs Haar gezogen wird.“ Die falsche Krmerin steckte Schneeweichen nur kurz den Kamm ins Haar, da wirkte schon das Gift. Das arme Kind fiel sogleich ohnmchtig zu Boden und tat keinen Atemzug mehr. “So, nu
34、n wirst du wohl das Wiederaufstehen vergessen,“ sprach die bse Knigin und floh aus dem Huschen.Bald darauf, und das war ein Glck, wurde es Abend. Die sieben Zwerge kamen wieder nach Hause und fanden das arme Schneeweichen mit dem giftigen Kamm im Haar. Diesen zogen sie geschwind heraus, da kam Schne
35、eweichen wieder zu sich.Daheim trat die bse Knigin wieder vor den Zauberspiegel und fragte:“Spieglein, Spieglein an der Wand,wer ist die Schnste im ganzen Land?“Und der Spiegel antwortete:“Frau Knigin! Ihr seid die Schnste allhier,aber ber den sieben Bergen,bei den sieben guten Zwergen,ist Schneewei
36、chen noch tausend Mal schner als Ihr.“Da tobte die Knigin vor giftiger Wut, dass alle ihre bsen Rnke nicht fruchten wollten. Doch sie wollte es noch einmal versuchen. Also machte sie heimlich einen schnen Apfel, der nur auf einer Seite vergiftet war. Den tat sie in einen Korb voller pfel, verstellte
37、 ihr Gesicht und kleidete sich wie eine Buerin. So ging sie abermals zum Zwergenhuslein und rief: “Holla! Kauft schne pfel! Sie werden euch gut schmecken!“ Schneeweichen sah zum Fenster hinaus und sagte: “Geht fort, Frau, ich darf nicht ffnen und auch nichts kaufen!“Auch gut, liebes Kind“, sprach di
38、e falsche Buerin. “Ich werde auch ohne dich noch alle meine pfel los! Da hast du einen als Geschenk!“ “Nein“, sagte Schneeweichen, “ich danke dir. Aber ich darf nichts annehmen!“ “Denkst wohl gar, der Apfel wre vergiftet?“, rief die Bauersfrau. “Sieh her, da beie ich doch selber hinein! - Hm, schmec
39、kt das gut. So einen hast du in deinem ganzen Leben noch nicht gegessen.“Das trgerische Weib hatte aber in die Seite des Apfels gebissen, die nicht vergiftet war. Schneeweichen war nun berzeugt, dass die Buerin nichts Bses im Schilde fhrte und griff zu. Doch als sie den Apfel auf der anderen Seite a
40、nbiss, wo er gar ein schnes rotes Bckchen hatte, da wurde Schneeweichen ganz blass und fiel todesbleich zu Boden. “So, jetzt ist es endlich um dich geschehen!“, rief die Knigin und ging fort. Zu Hause trat sie aber wieder vor den Spiegel und fragte in froher Erwartung:“Spieglein, Spieglein an der Wa
41、nd,wer ist die Schnste im ganzen Land?“Und der Spiegel antwortete dieses Mal:“Ihr, Frau Knigin, seid allein die Schnste im Land.“Nun war die bse Knigin zufrieden, so weit ein Mensch voller Bosheit und Tcke berhaupt zufrieden sein kann. Aber wie erschraken die sieben Zwerge, als sie abends nach Hause
42、 kamen. Ihr Schneeweichen fanden sie zum dritten Mal ganz tot da liegen. Vergebens versuchten sie die Wunderkraft ihrer Goldtinktur, doch es wollte nichts ntzen.Traurig legten die Zwerge das liebe Kind auf eine Bahre, setzten sich darum herum und weinten drei Tage. Dann wollten sie den Leichnam begr
43、aben. Schneeweichen sah aber immer noch nicht wie tot aus, sondern schien nur zu schlafen. Also beschlossen die Zwerge, sie nicht in die Erde zu versenken. Sie fertigten einen schnen glsernen Sarg an, legten Schneeweichen hinein und schrieben auf den Deckel: “Hier ruht Schneeweichen, eine Knigstocht
44、er.“Nun brachten sie den glsernen Sarg auf einen von den sieben Bergen, und einer von den sieben Zwergen hielt stets Wache. So lag Schneeweichen lange Jahre in dem Sarge, ohne dass sich etwas an ihr vernderte. Vielmehr sah sie so wei wie frisch gefallener Schnee aus, ihre Wangen blhten so rot wie Bl
45、utrschen, und ihr Haar war schwarz wie Ebenholz.Da kam ein junger Knigssohn, der sich in den sieben Bergen verirrt hatte, und sah die Schrift auf dem glsernen Sarg. Der Prinz bat den Wache stehenden Zwerg, ihm den Sarg mit Schneeweichen doch zu berlassen, koste es, was es wolle.Der Zwerg aber sprach
46、: “Ich und meine sechs Brder, wir haben Gold in Hlle und Flle. Da brauchen wir deines nicht! Und um alles Gold in der Welt geben wir den Sarg auch nicht her.“ “So schenkt ihn mir!“, flehte der Knigssohn. “Ich kann nicht ohne Schneeweichen sein. Ich will es ehren und heilig halten, und sie soll in me
47、inem schnsten Zimmer stehen. Ich bitte euch darum, Herr Zwerg!“Da wurde der Zwerg von Mitleid bewegt, schenkte ihm Schneeweichen im glsernen Sarg und wies ihm den rechten Weg aus dem Walde. Der Prinz kehrte mit seinen Dienern zurck und lie den Sarg forttragen. Einer der Diener stolperte aber ber ein
48、e Baumwurzel, sodass auch die anderen Sargtrger fast strzten. Es gab einen heftigen Ruck, und das giftige Apfelstckchen sprang mit einem Male aus Schneeweichens Mund. Sie hatte es glcklicherweise nicht verschluckt, als sie damals todesbleich umgefallen war. Und es dauerte auch gar nicht lange, da sc
49、hlug Schneeweichen die Augen auf und schaute den Knigssohn mit einem Lcheln an.Geschwind lie der Prinz den Sarg niedersetzen, ffnete ihn und hob sie mit seinen Armen heraus. Dann erzhlte Schneeweichen ihm, was geschehen war. Der Prinz fhrte sie sogleich auf das Schloss seines Vaters, und schon bald wurd